UNICEF. Gründung und Werdegang des United Nations International Children's Emergency Fund 1946-1950/53

Nom de l'auteur
Marco
Dolfini
Type de travail
Mémoire de licence
Statut
abgeschlossen/terminé
Nom du professeur
Prof.
Judit
Garamvölgyi
Institution
Historisches Institut
Lieu
Bern
Année
1997/1998
Abstract

Heute schon beinahe in Vergessenheit geraten, wurde der "United Nations International Children’s Emergency Fund“ (UNICEF) 1946 gegründet, um vornehmlich im Europa der Nachkriegsjahre tätig zu werden. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gab es in Europa gemäss Schätzungen zwischen 30 und 50 Millionen Kinder, die ernsthaft unterernährt und in einem schlechten Gesundheitszustand ihr Leben in Armut fristeten. In nur 4 Monaten wurden die Pläne der Initianten, allen voran der polnische Arzt Ludwik Rajchman, zur Schaffung des Kinderhilfswerkes mit der Resolution 57 (I) der Generalversammlung der Vereinten Nationen in die Tat umgesetzt. UNICEF erhielt den Auftrag, die nationalen Bemühungen im Bereich der Kinderwohlfahrt zu unterstützen.

 

Diese Arbeit untersucht die Umstände, die zur Gründung des UNICEF geführt haben, geht der Frage nach, wie aus einer Organisation mit einem zeitlich befristeten Auftrag (1946-1950) ein permanentes Organ der Vereinten Nationen wurde (1953) und wie und warum sich nach 1950 der Schwerpunkt von Europa in die damals so genannten "unterentwickelten" Staaten verlagerte. Die Ziele und Aufgaben des UNICEF wurden nach folgenden Gesichtspunkten analysiert: die Idee, die der Organisation zugrundeliegt; die politischen und intellektuellen Führer, die sie gegründet haben; der Auftrag, den sie zu erfüllen hat; wie sie diesen Auftrag ausgeführt hat; schliesslich der Effekt, den ihre Tätigkeit gehabt hat. Gebührend berücksichtigt wird der Einfluss des Kalten Krieges auf die Arbeit des Fonds, wurde er doch für die Organisation der Vereinten Nationen insgesamt zur Zerreissprobe. Im Widerspruch zum Bekanntheitsgrad des UNICEF steht die magere Literaturlage zu dieser Organisation, mithin der Grund, dass sich diese Arbeit vorwiegend auf Archivalien abstützt, hauptsächlich auf Sitzungsprotokolle der beiden politischen Gremien des Fonds, des Verwaltungsrates und des Planungsausschusses, sowie auf Länderstudien und Rechenschaftsberichte der Administration. Mit wenigen Ausnahmen stehen diese Quellen in den Beständen des Eidgenössischen Politischen Departements (EPD) im Bundesarchiv in Bern zur Verfügung, Ergänzungen finden sich in der Bibliothek der Vereinten Nationen in Genf. Als sehr aufschlussreich bezüglich der politischen Diskussionen innerhalb des Fonds erwiesen sich die Berichte des Schweizer Diplomaten und ersten UNICEF-Delegierten August E. Lindt an das EPD.

 

Unter den Organisationen der Vereinten Nationen stellt UNICEF etwas Einzigartiges dar. Sein Auftrag bezieht sich nicht auf Sachthemen wie Sicherheit, Wohlfahrt, Ernährung, Arbeit oder Gesundheit, sondern auf eine Altersgruppe: die Kinder. Der Unterschied besteht darin, dass bei den oben genannten Sachthemen die Interessen der Kinder zwar eine Rolle spielen, nicht aber - wie bei UNICEF - im Zentrum stehen. Der Fonds, der zwischen 1946 und 1950 über Ressourcen in der beachtlichen Höhe von rund 150 Millionen US-Dollar verfügen konnte, agierte dort, wo nach seiner Einschätzung und nach Ansicht der Empfängerländer die grösste Not herrschte. Er konzentrierte sich in erster Linie auf die Beschaffung von Nahrungsmitteln. Die Nahrungsmittellieferungen für Europa erreichten zwischen 1948 und 1950 zwischen vier und sechs Millionen Kinder, was durchschnittlich 7-11% der Kinder aller Empfängerländer entsprach. UNICEF beteiligte sich auch an einer Massenimpfungskampagne gegen die Tuberkulose, wie es sie in dieser Grössenordnung noch nie gegeben hatte. Er lieferte Rohstoffe zur Herstellung von Kleidern und Schuhen, verlieh Aus- und Weiterbildungsstipendien im medizinischen Bereich und förderte Programme zur Konservierung von Milch sowie zur Produktion von Impfstoffen.

 

Neben einer äusserst effizient und kostengünstig operierenden Administration war einer der Hauptgründe für die erfolgreiche Tätigkeit des Fonds, dass er durch den Kalten Krieg in seiner Arbeit zwar gestört, aber nicht blockiert wurde. Allerdings wurde das Ende der Hilfe für Osteuropa (Ende 1950) massgeblich durch den Kalten Krieg beschleunigt. Unter der Führung der USA wurde 1949 mit der Auflösung des Fonds begonnen. Der zeitlich befristete Auftrag lief aus. Der Gesundheitszustand der Kinder in Europa hatte sich merklich gebessert. Die "unterentwickelten" Staaten bildeten eine Interessengruppe, die sich jedoch einstimmig für eine Fortführung des Fonds aussprach. Das Interesse dieser Staaten an UNICEF trug massgeblich dazu bei, dass der Fonds weitergeführt wurde und seine Tätigkeit chwerpunktmässig auf diese Länder verlagerte. Der westliche Block hingegen war gespalten. Etliche Delegierte dieses Blocks sprachen sich für eine Weiterführung des Fonds aus. Es ist u.a. der Zurückhaltung der Ostblockstaaten zuzuschreiben, dass die Debatten über eine Weiterführung von UNICEF in den UNO-Gremien nicht zu einem Disput zwischen Ost und West ausarteten. Schliesslich entschied sich die Generalversammlung 1950 dafür, die Tätigkeit des Fonds um weitere drei Jahre zu verlängern. Lediglich die USA enthielten sich der Stimme. Bemerkenswert war die Bereitschaft der finanzschwachen Staaten, ihrerseits einen wesentlichen finanziellen Beitrag zu leisten. Keine andere Organisation der UNO, die über freiwillige Beiträge finanziert wurde, erhielt eine so grosse Unterstützung durch diese Länder. 1953 schlossen sich die USA ebenfalls den Befürworten des Fonds an und stimmten der Verleihung des permanenten Status an UNICEF zu. Der Name wurde in „United Nations Children’s Fund“ geändert, das Kürzel UNICEF jedoch beibehalten. Es gab keinen plausiblen Grund mehr, dieses populärste Organ der UNO zur Niederlegung seiner Arbeit zu verdammen.

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