Philippus Arabs - ein Soldatenkaiser in der Tradition des antoninisch-severischen Prinzipats

Nom de l'auteur
Christian
Körner
Type de travail
Thèse
Statut
abgeschlossen/terminé
Nom du professeur
Prof.
Heinz
Herzig
Institution
Historisches Institut
Lieu
Bern
Année
1999/2000
Abstract

Philipp gehört in die Reihe der sogenannten "Soldatenkaiser", die während der Krise des 3. Jahrhunderts sich an der Spitze des Reiches abwechselten. Mit einer Regierungsdauer von beinahe sechs Jahren (244ñ249 n. Chr.) ist Philipp neben Gordian III., Valerian, Gallienus und Aurelian einer der Kaiser, die sich am längsten halten konnten. Die literarischen Quellen zu den "Soldatenkaisern" sind ausgesprochen spärlich, so dass sich die Geschichte des 3. Jahrhunderts im Vergleich zum 1. und 2. Jahrhundert n. Chr. sehr viel weniger rekonstruieren lässt. Jedoch sind zahlreiche Inschriften, Münzen und Papyri aus der Zeit selbst erhalten. Dazu kommen im Falle Philipps insgesamt 80 Reskripte, die in den frühbyzantinischen Gesetzescodices üerliefert sind und die bis jetzt nicht vollumfänglich ausgewertet wurden. Quellenmaterial ist also durchaus vorhanden, um sich mit den Kaisern des 3. Jahrhunderts genauer zu befassen.
 

Die Regierungszeit Philipps liegt an einer Schnittstelle des 3. Jahrhunderts. Während es ihm in den ersten Jahren offensichtlich gelang, eine lokal begrenzte Karpeninvasion zurückzuschlagen und in einer Zeit der Ruhe und des Friedens das tausendjährige Bestehen der Stadt Rom zu feiern, waren die beiden letzten Regierungsjahre überschattet von Usurpationen und erneuten, nun sehr viel gefährlicheren Einfällen in den Donauraum. Damit kündigte sich bereits der Höhepunkt der Krise an, die in den fünfziger Jahren erreicht wurde, als Decius in einer Schlacht gegen die Goten fiel und Valerian in persische Gefangenschaft geriet. Erst durch die Reformen des Gallienus und die Erfolge Claudiusí II. und Aurelians am Ende der sechziger und am Beginn der siebziger Jahre wendete sich die Lage wieder zugunsten des Römischen Reiches. Eine eigentliche Konsolidierung wurde erst mit den Reformkaisern Diocletian und Constantin I. erreicht. Philipp erscheint so als ein letzter Ausläufer der severischen Zeit, in der er noch fest verwurzelt ist. Gleichzeitig lassen sich in seiner Regierungszeit bereits Elemente feststellen, die in die zweite Hälfte des 3. Jahrhunderts, zum Teil sogar in die Spätantike vorausdeuten. Eine Untersuchung seiner Herrschaft trägt somit dazu bei, den Transformationsprozess von der Hohen Kaiserzeit zur Spätantike zu erhellen.
 

Eine umfassende Untersuchung der epigraphischen und numismatischen Zeugnisse, vor allem aber auch der juristischen Texte wurde bislang der Öffentlichkeit noch nicht zugänglich gemacht. Ein zentrales Problem ist jedoch vor allem, dass eine quellenkritische Analyse der spätantiken und byzantinischen Textzeugnisse bis jetzt kaum auf die Berichte zu Philippus Arabs angewandt wurde. Gerade in diesem Bereich lassen sich neue Erkenntnisse gewinnen. Zudem müssen wichtige Neufunde wie die Inschrift des persischen Grosskönigs Schapur I. in den dreissiger Jahren oder die Papyri vom Euphrat in den späten achtziger Jahren, die von der Forschung nur zum Teil berücksichtigt werden konnten, miteingearbeitet werden.
 

Welche Bedeutung kommt nun der Regie rungszeit Philipps im Zusammenhang der Entwicklungen des 3. Jahrhunderts zu? Ins Auge fallen vier Aspekte: die permanente Bezugnahme auf frühere Kaiser und Dynastien und auf die Tradition des Prinzipats, die ungebrochene Kontinuität der Verwaltungsarbeit, das Bemühen, die Krisenerscheinungen zu meistern, und schliesslich vereinzelte Massnahmen, die bereits in die Spätantike vorausdeuten.

 

Als Philipp 244 die Macht übernahm, war er bemüht, sich als legitimer Nachfolger Gordians III. auszugeben, der äusserst beliebt gewesen war. Er knöpfte bewusst an die Tradition der severischen Dynastie an. Daneben lässt sich auch der R¸ckbezug auf die Antonine, vor allem Marc Aurel festmachen. Dieser permanente Rückbezug ist in fast allen zeitgenössischen Quellen fassbar. Die Münzprägung steht gänzlich im Zeichen der antoninischseverischen Prägungen, die Titulatur der Kaiserin und ihre Stellung in der Öffentlichkeit wird von den Severerinnen übernommen, die hrerseits Vorläufer in den spätantoninischen Kaiserinnen hatten. Die Reskripte der kaiserlichen Verwaltung beziehen sich häufig auf Rechtsentscheide severischer Kaiser oder Empfehlungen der spätklassischen Juristen.

 

Die zeitgenössischen Quellen vermitteln das Bild einer regen Verwaltungstätigkeit. Inschriften, Papyri und Reskripte zeigen, dass die Verwaltung ungebrochen ihre Arbeit fortsetzte. Die Kontinuität der Verwaltung wird auch in der Prosopographie der Senatoren und Procuratoren deutlich.
 

Philipp war bemüht, auf die Probleme des 3. Jahrhunderts zu reagieren, vor allem auf die äusseren Angriffe und die finanziellen Probleme im Inneren. Die Massnahmen, die im Donauraum getroffen wurden, belegen die Bemühungen des Kaisers, eine tragfähige Lösung zu finden, um weitere Einfälle zu verhindern. Die Gesetzgebung der kaiserlichen Kanzlei zeigt ebenfalls ein differenziertes Bild der Verwaltungsarbeit. Ein zentrales Anliegen war es, die Korruption der Beamten zu bekämpfen und die Flucht der Curialen vor ihren Verpflichtungen zu verhindern. Den inneren Problemen versuchte der Kaiser ferner mit einer umfassenden Steuerreform zu begegnen, durch die das Liturgiensystem gerettet werden sollte.


Der Versuch einer Stabilisierung der Lage des Reiches ist auch in der Gründung einer Dynastie zu erkennen: Durch die rasche Einbindung des minderjährigen Sohnes in die offizielle Propaganda sollten spätere Probleme der herrscherlichen Nachfolge vermieden werden. Daneben spielt die Ehefrau des Kaisers von Anfang an eine wichtige Rolle in der herrscherlichen Selbstdarstellung. Der Rückbezug auf die severische Dynastie wird hier besonders deutlich: Keine andere "Soldatenkaiserin" hat die Ehrentitel der Severerinnen so stark aufgegriffen wie Otacilia.
 

Eine zentrale Frage für die Herrscherpersönlichkeit Philipps ist die nach seiner Herkunft aus dem arabischen Raum. Die Untersuchung hat klar gezeigt, dass Philipp nicht mit Elagabalus zu vergleichen ist. Seine Politik ist gerade so "römisch" wie die eines Augustus oder eines Marc Aurel. Durch die Gründung einer typisch römischen Stadt in der Trachonitis wollte er die Romanisierung seiner Heimatregion fördern. Philippus Arabs ist also weniger ein Beispiel für die Stärkung der Zentrifugalkräfte im Reich, sondern vielmehr für die ungebrochene römische Kraft der Integration.
 

Welche Stellung nimmt der Kaiser nun im Zusammenhang der Reichskrise ein? Philipps Regierung trägt ganz klar "konservative" Züge, das heisst der Kaiser griff bei Problemen auf bewährte Lösungsansätze des Prinzipats zurück. Daneben lassen sich jedoch auch innovative Ansätze feststellen, so vor allem im Bereich der Grenz- und Steuerpolitik und in einzelnen Reskripten der kaiserlichen Rechtsprechung.
 

Dennoch scheiterte Philipp letztlich mit seinen Dynastiegr¸ndungsplänen und der Absicht, einen dauerhaften Frieden zu schaffen. Philipps Ende ist durchaus exemplarisch für die Probleme des 3. Jahrhunderts: Durch die finanziellen Probleme und die erhöhte äussere Bedrohung kam es zu permanenten Unruhen. Das Bedürfnis nach "Kaisernähe" wuchs in dem Masse, in dem die Stellung des Kaisers ¸berhöht wurde. Die Entscheidung über die Wahl des Kaisers war definitiv an die Grenztruppen übergegangen. Philipp scheiterte keineswegs an einer grundlegenden Ablehnung seiner Politik in der Bevölkerung oder im Senat, sondern an den strukturellen Veränderungen der Kaiserwahl. Erst die Wirren und einschneidenden Veränderungen der fünfziger und sechziger Jahre lösten schliesslich die Reformen des letzten Viertels des 3. Jahrhunderts aus.

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