Die Quadratur des Kreises? Schweizer Verkehrskoordinationspolitik zwischen 1935 und 1988

Nom de l'auteur
Thomas
Mollet
Type de travail
Mémoire de licence
Statut
abgeschlossen/terminé
Nom du professeur
Prof.
Christian
Pfister
Institution
Historisches Institut
Lieu
Bern
Année
2005/2006
Abstract

Die Verkehrspolitik scheint in der Schweiz von grosser Bedeutung zu sein. Über kein anderes Politikfeld wurde in der Schweiz häufiger abgestimmt, und in keinem anderen Politikfeld ist die Akzeptanz beim Schweizer Stimmvolk so gross. Lediglich in neun Fällen entschied sich der Souverän gegen die vom Bundesrat vorgeschlagene Vorlage. Besonders auffällig ist dabei die Tatsache, dass bei sämtlichen vier Verkehrskoordinationsvorlagen das Volk seiner Regierung die Gefolgschaft verweigerte. Bei diesen vier Versuchen handelte es sich um das sogenannte „Verkehrsteilungsgesetz“ von 1935, die „Gütertransportinitiative“ beziehungsweise deren Gegenvorschlag in Form des „Koordinationsartikels 23ter“ von 1946, die „Autotransportordnung (ATO)“ aus dem Jahr 1951 und die „koordinierte Verkehrspolitik (KVP)“ von 1988. Die Ablehnung all dieser Vorlagen überrascht nicht nur vor dem Hintergrund der allgemeinen Akzeptanz der Stimmbürgerschaft gegenüber der Verkehrspolitik, sondern auch aufgrund der Tatsache, dass sich sämtliche Bemühungen zu Beginn auf einen breiten Konsens abstützen konnten.

 

Diese vier Vorlagen stehen im Zentrum der hier vorgestellten Lizentiatsarbeit. Dabei waren die offensichtliche Wichtigkeit der Verkehrspolitik gepaart mit den jahrelangen Bemühungen um deren Koordination einerseits, sowie die geringe historische Aufarbeitung anderseits Anreize genug, sich intensiver mit der Thematik auseinanderzusetzen. In einem ersten eher deskriptiv gehaltenen Teil der Arbeit wird auf die drei Koordinationsversuche im Vorfeld der Gesamtverkehrskonzeption GVK-CH (aus der danach die KVP hervorging) eingegangen, welche ihrerseits im Zentrum des zweiten Teils steht. Dabei wird jeweils der Frage nachgegangen, warum es in der Schweiz trotz grossem Aufwand nicht gelang, eine koordinierte Verkehrspolitik zu realisieren.

 

Rückblickend betrachtet können die ersten drei Koordinationsversuche als eine Art Übungsfeld der GVK-CH betrachtet werden. Dabei schöpfte man sämtliche Möglichkeiten aus, eine koordinierte Verkehrspolitik zu realisieren. Das Verkehrsteilungsgesetz wurde als ordentliches Gesetz zu realisieren versucht. Mit der Gütertransportinitiative wurde in Form eines Kompetenzartikels eine verfassungsrechtliche Regelung angestrebt und die ATO bildete die um die Zeit des 2. Weltkrieges herum verbreitete Durchsetzung mittels eines dringlichen Bundesbeschlusses. So unterschiedlich die Ansatzpunkte der einzelnen Versuche, so unterschiedlich waren auch die Gründe, welche zur jeweiligen Verwerfung durch das Volk führten. Während dem Verkehrsteilungsgesetz und der ATO Verfassungswidrigkeit vorgeworfen wurde, scheiterte der Kompetenzartikel wohl an der zunehmenden Opposition gegen das Vollmachtenregime nach dem 2. Weltkrieg. Als Konstante erkennen lässt sich einzig, dass die Koordinationsbestrebungen in einem engen Zusammenhang mit der finanziellen Lage sowohl der SBB als auch des Strassengüterverkehrs stehen.

 

Hier bildet auch die Gesamtverkehrskonzeption GVK-CH, welche Ende der 1960er Jahre durch die „Richtlinien der Regierungspolitik“ initiiert wurde, keine Ausnahme. Zusätzliche relevante Gründe kamen in Form der individuellen rechtlichen Entwicklung der einzelnen Verkehrsträger sowie der aufkommenden Umweltdiskussion hinzu. Nebst weiteren Gründen führten diese zur Schaffung einer sehr umfangreichen und alle relevanten politischen Gruppen umfassenden „Kommission für die Erarbeitung einer Gesamtverkehrskonzeption“. Die fast sechs Jahre dauernde Arbeit der Kommission bildet einen Hauptbestandteil der Lizentiatsarbeit. Im Zentrum steht insbesondere deren politische Zusammensetzung und die damit verbundenen Probleme. Der als „Sternstunde der schweizerischen Verkehrsgeschichte“ und „totaler Konsens“ gepriesene, einstimmig verabschiedete Schlussbericht der Kommission im Jahr 1977 wird anschliessend ebenfalls einer kritischen Würdigung unterzogen. Als Folge daraus muss die bis anhin in der Literatur vertretene Meinung nach einem „totalen Konsens“ revidiert werden. Dieser Bestand zwar weiterhin im Wunsch nach einer Koordination, über die Art und Weise seiner Umsetzung waren indes die in der Kommission vertretenen Parteien völlig uneins.

 

Diese Feststellung kann auch als Fazit über alle Koordinationsversuche gezogen werden. An einer Koordinierung des Verkehrs waren mehrheitlich alle Interessenvertreter interessiert. Die Art und Weise einer Realisierung blieb indes die streitige Frage und konnte auch durch die Kommission GVK-CH nicht geklärt werden.

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