Die Beziehungen Schweiz-UNO im Kontext des Rhodesienkonflikts. Eine Neubewertung der multilateralen Zusammenarbeit

Nom de l'auteur
Franziska
Brunner
Type de travail
Mémoire de master
Statut
abgeschlossen/terminé
Nom du professeur
Prof.
Christian
Gerlach
Institution
Historisches Institut
Lieu
Bern
Année
2011/2012
Abstract
Im Zuge der Auseinandersetzung um die Unabhängigkeit der britischen Kolonie Rhodesien (heute Simbabwe), beginnend mit der einseitigen Unabhängigkeitserklärung des weissen Minderheitsregimes im November 1965 und bis 1980 andauernd, verabschiedeten die Vereinten Nationen erstmals seit Bestehen der Organisation wirtschaftliche Zwangsmassnahmen nach Kap. VII, Art. 41 der Charta. Die vom UNO-Sicherheitsrat beschlossenen Sanktionen gegen Rhodesien hatten zum Ziel, das eigenmächtige Vorgehen und die Apartheid-Politik des Minderheitsregimes zu sanktionieren sowie die von der internationalen Staatengemeinschaft als unrechtmässig erklärte Unabhängigkeit der Kolonie rückgängig zu machen. Die erstmalige Anwendung von Wirtschaftssanktionen durch die Vereinten Nationen und die damit verbundene internationale Bedeutung der Rhodesienfrage war auch für die Schweiz von Relevanz. Im Bestreben den Sanktionen universellen Charakter zu verleihen, hatten die Vereinten Nationen nicht nur Mitgliedstaaten, sondern auch die übrige Staatenwelt aufgefordert, die Massnahmen des UNO-Sicherheitsrates zu unterstützen. Die schweizerische Regierung hatte unmittelbar nach dem Ausbruch des Konflikts Ende 1965 erste Beschränkungen des Handelsverkehrs zwischen der Schweiz und Rhodesien vorgenommen. Mit Verweis auf die traditionell neutrale Stellung der Eidgenossenschaft und der sich aus der Nichtmitgliedschaft bei den Vereinten Nationen ergebenden Nichtverpflichtung zur Befolgung der UNO-Resolutionen, hatte der Bundesrat allerdings weitergehende Massnahmen vorerst abgelehnt. Davon ausgehend thematisiert die Masterarbeit, wie sich die Beziehung zwischen den Vereinten Nationen und der Schweiz im Zuge des Rhodesienkonflikts resp. im Wirkungsfeld der UNOSanktionsmassnahmen entwickelt hat. Sie zeigt auf, welche Politik die Vereinten Nationen einerseits und die schweizerischen Behörden andererseits gegenüber der Rhodesienkrise verfolgten, in welchen Bereichen sich eine Zusammenarbeit erkennen liess und welche Problematiken daraus entstanden. Konkret steht dabei die Frage im Zentrum, welche Bewertung die multilaterale Zusammenarbeit (aus schweizerischer Perspektive) in diesem spezifischen Kontext erfuhr und inwiefern darin eine grundsätzliche Neubeurteilung der Beziehungen zwischen der Schweiz und den Vereinten Nationen erkennbar war. Die Untersuchung der bundesrätlichen Haltung gegenüber den UNO-Sanktionen – unter Berücksichtigung der Öffnung der schweizerischen Aussenpolitik in den 1960er Jahren sowie der Entwicklung der Vereinten Nationen zu einer nahezu universellen Organisation – zeigt, dass die Bundesbehörden in ihren Entscheidungen nicht nur von neutralitätspolitischen Überlegungen geleitet wurden. Auch andere, realpolitische Aspekte wie z.B. die wirtschaftlichen Interessen der Schweiz in Afrika und die zunehmend enge Verflechtung mit den Vereinten Nationen waren in dieser Hinsicht relevant. Die schweizerische Interessenlage erforderte eine zumindest teilweise Konformität mit den Sanktionen. Mit dem zusätzlich zunehmenden Druck wiederholter Anklagen über die Umgehung der UNO-Massnahmen durch die Schweiz resp. durch schweizerische Firmen resultierte dies mit Fortschreiten des Konflikts schliesslich in einer Angleichung an die UNO-Sanktionen. In der Arbeit wird gezeigt, dass die schweizerische Politik gegenüber den UNO-Sanktionen Ergebnis einer bereits vor 1965 beginnenden, von den Entscheidungsträgern in den Bundesbehörden ausgeübten engen Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen war und sich im Kontext des Konflikts ein bereits aktiv praktizierter Multilateralismus der schweizerischen Aussenpolitik offenbarte. Die Behörden in Bern hatten letztlich aufgrund internationalen Entwicklungen und realpolitischen Interessen die Forderungen der Vereinten Nationen nach einer Beteiligung an den Sanktionen akzeptiert. Dies war Ausdruck einer sich wandelnden Perzeption der schweizerischen multilateralen Zusammenarbeit, im Sinne einer gewissen integrativen Selbstverständlichkeit der praktizierten Aussenpolitik, sowie der veränderten Konzeption einer differenziellen, in der Begründung der Aussenpolitik an Bedeutung verminderten Neutralität.

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