Obwohl die Frauen in der Schweiz bis ins Jahr 1971 von einer gleichberechtigten Mitsprache in der Politik ausgeschlossen waren, existierte schon früh eine organisierte Frauenbewegung mit eigenen Periodika, die bemüht war, sich in der Öffentlichkeit Gehör zu verschaffen. Dazu gehörte unter anderem das Schweizer Frauenblatt, das 1919 als Wochenzeitung gegründet und wenige Jahre später zum offiziellen Organ des Bundes Schweizerischer Frauenvereine (BSF) wurde, der wichtigsten Frauenorganisation des Landes. Die Lizentiatsarbeit fokussiert auf zwei Bereiche: Zum einen wird die Geschiche des Schweizer Frauenblattes von seiner Gründung bis zu seinem Ende im Jahr 1990 nachgezeichnet. Die Aufarbeitung dient der historischen Einordnung und inhaltlichen Positionierung der Zeitung, welche heute weitgehend in Vergessenheit geraten ist. Zum anderen analysiert die Lizentiatsarbeit – quasi als kleinen Ausschnitt aus der wechselvollen Geschichte – Arbeitsumfeld und Berichterstattung des Blattes während der politischen und wirtschaftlichen Krisenjahre von 1929 bis 1939.
Dieser Zeitraum war geprägt durch die wachsende Bedrohung von aussen durch Faschismus und Nationalsozialismus, aber auch durch heftige politische Auseinandersetzungen im Landesinneren zwischen konservativ-bürgerlichen, sozialdemokratischen und frontistischen Kräften. Dies liess in der Schweiz ein wertkonservatives Gesellschaftsklima entstehen, das teilweise auch von der geistigen Landesverteidigung beeinflusst war. Dem daraus resultierenden Druck zu Anpassung und Konformität sahen sich besonders die Frauen ausgesetzt, führte doch die allgemeine Rückbesinnung auf traditionelle, schweizerische Werte zu einer Verstärkung der Geschlechterdifferenzen: Die Frauen wurden auf ihre Rolle als Ehefrau und Mutter zurückgebunden, die Männer zu Ernährern und Beschützern von Heim und Land hochstilisiert. Für frauenpolitische Forderungen war in einem solchen Umfeld nur noch wenig Platz. Teile der organisierten Frauenbewegung stellten in der Folge ihre eigenen Interessen hinter diejenigen für den Erhalt der schweizerischen Demokratie zurück. Im Zentrum der Lizentiatsarbeit steht deshalb die Frage, wie das Schweizer Frauenblatt , als damals einzige von Frauen herausgegebene, national verbreitete und konfessionell unabhängige Zeitung in der Deutschschweiz, über die Themen Frauenerwerbstätigkeit und Frauenstimmrecht berichtete – den eigentlichen Postulaten des Blattes –, und wie es sich innerhalb des Diskurses zur geistigen Landesverteidigung positionierte.
Die Lizentiatsarbeit ist in mehrere Teile gegliedert. In der Einleitung werden die Zielsetzung, die Quellenlage und der Forschungsstand erläutert. Im zweiten Kapitel wird ein Überblick über die wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse der Schweiz während der 1930er Jahre vorgenommen. Geschildert werden unter anderem die Umstände, welche zur Entstehung der patriotisch aufgeladenen Grundstimmung im Land führten und den Boden bereiteten für die geistige Landesverteidigung. Speziell betrachtet wird dabei die Rolle, welche darin den Geschlechtern und besonders den Frauen zukam. Das dritte Kapitel widmet sich der Geschichte des Schweizer Frauenblattes, welche erstmals systematisch aufgearbeitet wird. Im vierten Kapitel wird aufgezeigt, wie sich das Schweizer Frauenblatt zwischen 1929 und 1939 innerhalb seiner Leitthemen Frauenerwerbstätigkeit und Frauenstimmrecht publizistisch positionierte und wie die Redaktorinnen mit dem zunehmendem gesellschaftlichen Druck und den wirtschaftlichen Schwierigkeiten umgingen. Insgesamt soll ein breitgefächertes und abgerundetes Bild über Geschichte und Wirken des Schweizer Frauenblattes und über seine Rolle in einer schwierigen Zeit der jüngeren Schweizer Geschichte vermittelt werden.
Die Lizentiatsarbeit stützt sich weitgehend auf Archivalien aus dem Gosteli-Archiv in Worblaufen, ein Bestand, der Sitzungsprotokolle, Briefe, Verträge, handschriftliche Notizen, Referate und vieles weitere mehr umfasst, sowie auf den Nach- lass von Emmi Bloch, welche von 1934 bis 1944 die redaktionelle Hauptverantwortung trug. Als weitere Quelle dienten die gedruckten Ausgaben des Schweizer Frauenblattes.