Pilgerrecht – Norm und Praxis im ausgehenden Hoch- und Spätmittelalter (1215–1500/1550)

Nom de l'auteur
Florence
Aliénor Zufferey
Type de travail
Thèse
Statut
laufend/en cours
Nom du professeur
Prof.
Sebastian
Scholz
Institution
Historisches Seminar
Lieu
Zürich
Année
2021/2022
Abstract
Das Wallfahrtswesen ist wohl eines der aktuell interessantesten Themen in der mediävistischen Forschung. Aus Frömmigkeit, Schuld, Dankbarkeit oder aufgrund rein weltlicher Motive – wie dem Wunsch nach sozialer Anerkennung – begaben sich Men- schen unterschiedlicher geographischer und sozialer Herkunft auf die gefährlichen Strassen Europas, um eine oder mehrere heilige Stätten aufzusuchen. Das christliche Pilgertum Europas hat seine Wurzeln in der Spätantike und erreichte den Zenit seiner Popularität im Spätmittelalter. Da das Reisen im Mittelalter ein gefährliches Unterfangen war, wollte die Amtskirche den frommen Reisenden nicht nur den Schutz Gottes zusich- ern, sondern auch durchaus konkrete Schutzrechte zugestehen. " Das Ziel meiner Dissertation ist es, das mittelalterliche Pilgerrecht sowohl aus der normativen wie aus gelebten Perspektive zu untersuchen. Für den Zeitraum zwischen dem IV. Laterankonzil (1215), durch den eine starke Systematisierung und Durch- dringung des Alltags mit kanonischem Recht eingeleitet wurde, bis ca. 1500 bzw. bis zum Konzil von Trient (1545-1563), an welchem die Kirche mit massiven Änderungen auf die Reformation reagierte, möchte ich die (kirchen-)rechtlichen Vorgaben systema- tisch betrachten. Als Gegenstück zum Soll-Zustand sollen mit narrativen Quellen der Ist- Zustand beschrieben werden. Damit soll eine Revidierung und auch Erweiterung der Ergebnisse Carlens erreicht werden." Die rechtlichen Privilegien der Pilger und auch ihre Pflichten stehen im Zentrum der Promotion. Wegweisend für die Erforschung dieses Bereichs zum Pilgerwesen ist die Monographie von Louis Carlen aus dem Jahre 1987. In den nunmehr fast 30 Jahren seit ihrer Erscheinung sind der Forschung neue Quellen zugänglich gemacht worden, die Carlen seinerzeit nicht mitberücksichtigen konnte, z. Bsp. die Supplikenregister der päpstlichen Pönitentiarie. Diese Quellen bieten trotz ihrer starren Form einen Einblick in das Rechtsbewusstsein und die Rechtspraxis mittelalterlicher Kleriker und Laien (Frauen und Männer). Da es aber zu grossen Verlusten bei den Registern kam, werde ich auch andere narrative Quellen, z. Bsp. Pilgerberichte und Notariatsregister, zurate ziehen. Bezüglich der normativen Quellen werde ich mich hauptsächlich auf Konzils- beschlüsse, Dekretalien, das Corpus Iuris Canonici, die Glossa Ordinaria und ähnliche Rechtssammlungen stützen." Das Promotionsvorhaben wird von zwei Hauptfragen getragen:

1) Welches Normwissen lässt sich rund um das Pilgertum im Mittelalter nachweisen?
 2) Welches Interesse steckt hinter normkonformen Verhalten, wenn es um Pilger geht?" Vor allem die zweite Frage zielt auf eine grössere Gruppe ab, da nicht nur Pilger sich ihrer Rechte und Pflichten bewusst waren, sondern auch andere, nicht pilgernde Laien und Kleriker, die in regelmässigem Kontakt mit den Pilgern – z. Bsp. in Hospizen, in kleineren Kirchen auf dem Weg zum grösseren Pilgerzielen, Führer, Reedereien etc. – waren. " Da man in der ganzen christlichen Welt, d.h. vorwiegend Europa, pilgerte, werde ich mich für meine Dissertation auf das geographische Gebiet des Heiligen Römischen Reichs beschränken. Die Ergebnisse der Arbeit können dann vielleicht als Muster für andere geographische Regionen dienen.