Kontroverse um den Parkplatz. Die Geschichte des Parkplatzes und der Parkraumpolitik zwischen 1950 und 2000 in den Städten Bielefeld und Zürich

Nom de l'auteur
Pier-Luca
Bonzanigo
Type de travail
Mémoire de master
Statut
abgeschlossen/terminé
Nom du professeur
Prof.
Ueli
Haefeli
Institution
Historisches Institut
Lieu
Bern
Année
2016/2017
Abstract


Die Masterarbeit untersucht die Geschichte des Parkplatzes und der Parkraumpolitik zwischen 1950 und 2000 in den Städten Bielefeld und Zürich. Hierbei werden – einem breiten Forschungsansatz folgend – Zustand und Veränderungen der Parkraumpolitik und der kulturellen Bedeutungszuschreibungen betreffend Parkraum analysiert. Die beiden Fallstudienstädte werden hierzu individuell betrachtet, verglichen und Erklärungsmöglichkeiten für Unterschiede und Gemeinsamkeiten dargestellt.

Die Wahl der Fallstudienstädte orientiert sich hauptsächlich an einem unterschiedlichen Mobilitätsverhalten der Bevölkerung in den beiden Städten. In Bielefeld wird deutlich häufiger und intensiver der motorisierte Individualverkehr genutzt. Methodisch wird schwergewichtig historisch-hermeneutisch gearbeitet. Hierzu werden die Stadtarchive Bielefeld und Zürich aufgesucht. Fokus der Arbeiten im Archiv sind Protokolle von Sitzungen der Legislative, verwaltungsinterne Unterlagen und die lokale Medienberichterstattung. Daneben werden mehrere Oral-History-Interviews geführt.

Es kann aufgezeigt werden, dass sich die Parkraumpolitik und der Umgang mit Parkraum zwischen 1950 und 1970 in den beiden Städten nur wenig unterschieden haben. Es bestand ein breiter Konsens für den Ausbau des Parkraumes. Mit der teilweisen Bewirtschaftung von innerstädtischem Parkraum wurde versucht, Dauerparker von der Innenstadt fernzuhalten. In beiden Städten wurde nach anfänglichem Zögern um 1960 von der Legislative beschlossen, die Finanzierung von Hochund Tiefgaragen mit städtischen Geldern zu unterstützen. Es herrschte beiderorts das Verständnis vor, dass Mobilität per Auto nicht eingeschränkt werden sollte und der Staat für ein ausreichendes Parkraumangebot hauptverantwortlich sei.

Nach 1970 nahmen die Unterschiede zwischen Bielefeld und Zürich zu. Der öffentlich zugängliche Parkraum in der Zürcher Innenstadt wurde kaum mehr ausgebaut, während in Bielefeld dies weiterhin verfolgt wurde. Speziell die Sozialdemokratische Partei Zürich setzte sich – unterstützt vom Souverän – erfolgreich gegen zusätzliche Parkierungsanlagen ein. Neu beschäftigte sich das zuständige Stadtplanungsamt mit der Schaffung von Fussgängerzonen und der Parkraumpolitik in den Wohnquartieren. Dies kann im Zusammenhang mit einer in Zürich aufkommenden Kritik an der dominierenden Rolle des Autos im öffentlichen Raum gesehen werden. In Bielefeld waren ähnliche Äusserungen – speziell in Verbindung mit dem Parkieren auf dem Trottoir – hörbar, erreichten aber nicht die gleiche Verbreitung wie in Zürich. Die Unterschiede nahmen ab 1985 weiter zu. In Zürich wurde eine fast das gesamte Stadtgebiet umfassende Bewirtschaftung der Parkplätze im öffentlichen Strassenraum eingeführt.

In Zürich agierten die Sozialdemokratische Partei, der Stadtrat und das Stadtplanungsamt erfolgreich und konnten ihre Vorstellungen umsetzen. In Bielefeld agierten gewerbenahe Organisationen, wie auch die CDU, erfolgreich. Sie verhinderten ein Abrücken von der nachfrageorientierten Parkraumpolitik.

Die unterschiedliche Entwicklung kann auf mehrere Erklärungsfaktoren zurückgeführt werden. Das grössere Parkraumangebot in der Innenstadt von Bielefeld in Verbindung mit insgesamt niedrigeren Kosten für die Autonutzung förderte Automobilität und führte zu einem grossen Bedarf nach Parkraum. Verstärkend wirkte in diesem Zusammenhang der als mangelhaft empfundene öffentliche Verkehr. In der Folge etablierten sich unterschiedliche Pfadabhängigkeiten: Das Mobilitätsverhalten, das nachfrageorientierte Angebot und der weniger gut ausgebaute öffentliche Verkehr machten massive Veränderungen der Parkraumpolitik in Bielefeld unwahrscheinlich. So blieb beispielsweise die Möglichkeit, die Zahl von gesetzlich eingeforderten Parkplätzen bei Bauprojekten zu reduzieren, ungenutzt. In Zürich wurde die seit 1970 spürbare Neuorientierung in der Parkraumpolitik weiterverfolgt. Die Verbesserung des öffentlichen Verkehrs und härtere Luftschutzverordnungen sicherten den eingeschlagenen Weg ab.

Des Weiteren können kulturelle Unterschiede festgemacht werden, die insbesondere nach 1970 entstanden. In Bielefeld waren Automobilität und genügend Parkraum als Grundlage einer prosperierenden Wirtschaft sehr dominant spürbar. In Zürich etablierte sich speziell ab 1970 eine kritische Haltung gegenüber der Mobilität, die den Parkraum als eine seiner Grundlagen einschloss. Diese Haltung wurde ab 1985 dominierend und hielt Einzug in Stadt- und Gemeinderat sowie Verwaltung. Zusätzlich verstärkend wirkten in Zürich die demokratischen Eingriffsmöglichkeiten der Bevölkerung.

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