Die eidgenössische Zentralstelle zur Bekämpfung des Mädchenhandels

Nom de l'auteur
Rahel
Bohnenblust
Type de travail
Mémoire de licence
Statut
abgeschlossen/terminé
Nom du professeur
Prof.
Brigitte
Studer
Institution
Historisches Institut
Lieu
Bern
Année
2006/2007
Abstract

Im ausgehenden 19. Jahrhundert verbreitete sich vermehrt die Angst vor einem neuen gesellschaftlichen Übel, welches unter dem Namen «Mädchenhandel», «traite des blanches» oder «white slavery» bekannt war. Damals unternahmen in Europa private Organisationen Bestrebungen, um gegen diese Verführung und zum Teil Zwangsprostitution junger Mädchen durch kriminelle Einzelpersonen oder Organisationen vorzugehen. In Konferenzen auf internationaler Ebene wurde das Problem Mädchenhandel und Lösungswege zur Bekämpfung diskutiert. Die privaten Organisationen versuchten ausserdem, die offiziellen Behörden zur Bekämpfung dieses Phänomens zu bewegen. 1902 fand ein erster offizieller Staatenkongress in Paris statt, an welchem Vertreter aus 16 Staaten, darunter auch die Schweiz, teilnahmen. An diesem Kongress entstanden ein Übereinkommen zur internationalen Verrechtlichung und Bekämpfung des Problems, sowie ein Abkommen, welches die unterzeichneten Staaten verpflichtete, zusammen gegen den Mädchenhandel vorzugehen. Dies sollte unter anderem mittels einer Zentralstelle geschehen, welche das Vorgehen im Inland und die internationale Zusammenarbeit koordinieren würde.

 

Die Schweiz ratifizierte 1904 dieses internationale Abkommen zur Bekämpfung des Mädchenhandels und ernannte als Zentralstelle die Bundesanwaltschaft. Eine Ratifizierung des Übereinkommens kam aber für die Schweiz zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Frage, da es nur unterschiedliche kantonale Gesetze gab und kein Schweizerisches Strafgesetzbuch, und man lieber auf dieses warten wollte, statt Übergangslösungen zu finden.

Als bis 1910 noch kein Land dem Übereinkommen beigetreten war, entschlossen sich die beteiligten Staaten zu einer zweiten Konferenz, an welcher das Übereinkommen überarbeitet und angepasst wurde. Die Schweiz trat dem Übereinkommen aber erst rund 15 Jahre später bei.

 

Die Lizenziatsarbeit behandelt die Thematik Mädchenhandel aus der schweizerischen Perspektive im Zeitraum der Jahrhundertwende des 19./20. Jahrhunderts, und untersucht dabei die Umstände, die zur Schaffung der schweizerischen Zentralstelle zur Bekämpfung des Mädchenhandels führten. Ebenfalls wird untersucht, ob der Mädchenhandel ein wirkliches Problem darstellte, oder ob er nur von den privaten Organisationen als Vorwand zur Überwachung von Mädchen diente. Die Quellenbasis bilden dabei zeitgenössische Schriften und vor allem Materialien der Bundesverwaltung im Schweizerischen Bundesarchiv.

 

Zuerst wird der historische Kontext der Schweiz um die Jahrhundertwende skizziert, wobei insbesondere die Sexualmoral und der Prostitutionsdiskurs im Zentrum stehen. Nachfolgend wird das Phänomen Mädchenhandel als Begriff definiert und kurz charakterisiert.

 

Anhand dieser Grundlagen erarbeitet die Lizenziatsarbeit dann die Beweggründe und Tätigkeiten von privaten Organisationen in diesem Zeitraum, wobei der Schwerpunkt auf der Analyse der Tätigkeiten und Interessen einzelner ausgewählter Organisationen und deren Zusammenarbeit mit den Behörden liegt. Es werden in diesem Teil der Arbeit die wichtigsten Konferenzen der privaten Organisationen zwischen 1899 und 1924 betrachtet.

 

Die staatlichen Behörden stehen dann im darauf folgenden Teil im Mittelpunkt. Darin geht es um die internationalen Bemühungen zur Zusammenarbeit, die Konferenz von 1902, sowie um die

Schaffung einer Rechtsbasis zur Bekämpfung des Mädchenhandels. Als Folge des internationalen Abkommens von 1902 wurde zwei Jahre später in der Schweiz die Zentralstelle zur Bekämpfung des Mädchenhandels geschaffen. Die Tätigkeit dieser Zentralstelle wird im Zeitraum von 1904-1910 genauer betrachtet, um die Arbeitsweise und auch einige Beispielfälle aufzuzeigen. Hierbei wird auch untersucht, wie die Zusammenarbeit mit den privaten Organisationen ausgesehen hat. Darauf folgt eine Untersuchung der Geschehnisse nach 1910. Dazu gehören die Staatenkonferenz von 1910 und deren Auswirkungen auf die Schweiz, sowie die weitere Entwicklung in der Bekämpfung des Mädchenhandels.

 

Mittels anderer Forschungsergebnissen und den Schlussfolgerungen anhand der Quellen wird im Folgenden dann versucht, das Ausmass des Phänomens Mädchenhandel in der Zeit um die Jahrhundertwende zu erfassen und zu beurteilen.

 

Die Arbeit zeigt auf, dass die privaten Organisationen Einfluss auf die Behörden in der Schweiz nahmen. Ob dabei die eigenen Interessen der privaten Organisationen mit einflossen, lässt sich nur schwer belegen. Fest steht, dass die Schaffung der Zentralstelle, und damit die Bekämpfung des Mädchenhandels, auf der Mithilfe von solchen Organisationen aufbaute, und dass sich diese auch nach der Schaffung noch aktiv am Kampf gegen den Mädchenhandel beteiligten.

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