Und die Grösse zählt doch... oder die Milch macht’s. Eine anthropometrische Untersuchung zur Entwicklung der menschlichen Körpergrösse und des biologischen Lebensstandards im Kanton Bern und den angrenzenden solothurnischen Gebieten von 1865 bis nach dem Ersten Weltkrieg

Nom de l'auteur
Kaspar
Staub
Type de travail
Mémoire de licence
Statut
abgeschlossen/terminé
Nom du professeur
Prof.
Christian
Pfister
Institution
Historisches Institut
Lieu
Bern
Année
2003/2004
Abstract

Ziel der anthropometrisch-historischen Lizentiatsarbeit ist es, einen Beitrag zur Untersuchung des Lebensstandards im Kanton Bern für die Geburtsjahrgänge 1865 bis 1910 zu leisten. Als Quellen wurden Passempfehlungen und -kontrollen verwendet. Die Grundlage der Untersuchung ist der biologische Zusammenhang zwischen Ernährung, Krankheitsumfeld sowie Arbeitsbelastung und dem Wachstum. Die erreichte Endgrösse der erwachsenen Menschen diente als Indikator für den biologischen Wohlstand, welcher während dem gesamten Wachstum erfahren wurde.

 

Stimmten dabei Menge oder Qualität der Ernährung nicht mehr, oder hatte sich die Belastung des Körpers durch Krankheit oder verstärkte Arbeit erhöht, wurde das Wachstum gehemmt oder sogar gestoppt. Auf Seiten der Ernährung kommt den für das Wachstum besonders wichtigen tierischen Proteinen eine zentrale Rolle zu. In der Schweiz haben sich zuerst die Armee, dann auch Physiologen, Anthropologen und Schulärzte während und kurz nach der Untersuchungszeit mit der Körpergrösse befasst. Neueren Untersuchungen zufolge hat sich der Erste Weltkrieg in vielen Ländern mehr oder weniger deutlich ausgewirkt. Im Falle der nordischen Länder und von Frankreich und Italien findet in der Untersuchungszeit eine stetige, lineare Zunahme der Körpergrösse statt, gebremst nur von kurzzeitigen Einbrüchen. Im Falle von Grossbritannien und den USA weisen die Kurven langfristige Rückgänge der Körpergrösse während dem 19. Jahrhundert auf und nehmen erst im 20. Jahrhundert wieder zu.

 

Die Körpergrössenkurven von Männern und Frauen im Kanton Bern zeigen ein anderes Grundmuster (U-Form bei den Männern, gerade Linie bei den Frauen), aber dieselben kurzfristigen Einbrüche (bei den Jahrgängen Ende der 1870er Jahre, Anfang/Mitte der 1890er Jahrgänge und um 1905). Wenn man die Jahre um die Pubertät als Einflussalter betrachtet, fallen der erste und der letzte Einbruch zusammen mit der Gesamtwirtschaftskrise der 1880er Jahre und dem Ersten Weltkrieg. Für den mittleren Einbruch vor allem der Männerkurve können keine eigentliche Krise, sondern „lediglich“ Teuerung und Reallohnstagnation sowie klimatisch kalte Winter und Frühjahre erklärend hinzugezogen werden. Die Ursachen für die Einbrüche der Körpergrösse können also nicht alleine bei dem Einfluss von Krisen liegen. Den statistisch gesehen höchst signifikanten Einfluss auf die Körpergrösse hatten die Märztemperaturen und damit die Länge des Winters sowie der Schneebedeckung, welche wohl über die Proteinversorgung auf die Grösse eingewirkt haben.

 

Ebenfalls zeigten der Beginn der Kirschblüte, die Wintertemperaturen sowie die Niederschläge im Juli eine Wirkung. Hauptbestimmungsmerkmal der Körpergrössenkurven war also das Klima, wobei die Folgen entscheidend verstärkt wurden durch die ursprünglich ebenfalls durch das Klima ausgelösten Krisen der 1880er Jahre und während dem Ersten Weltkrieg.

 

Dass die Grössen der Frauen und der Männer während der Untersuchungszeit nicht entscheidend zugenommen haben, liegt also einerseits an den Krisen und dem Klima, andererseits wohl auch an weiteren, statistisch nicht messbaren Faktoren wie etwa der sozialen Ungleichheit, dem Krankheitsumfeld, der Verstädterung oder des relativen Preisanstiegs tierischer Produkte gegenüber den pflanzlichen.

 

Den Gesamtverlauf der Körpergrössenkurven betrachtend war der Einfluss der Kriegsjahre im internationalen Vergleich weniger stark und lang. Hier dürften die Käseunion und die Milchpreisabsprachen zumindest während den ersten Kriegsjahren Schlimmeres verhindert haben. In der Schweiz ist nicht wie in den nordischen Ländern sowie in Frankreich und Italien eine relative geradlinige, stetige Grössenzunahme zu beobachten. Schon eher zeigt die Schweizer Entwicklung der Körpergrössen Ähnlichkeit mit derjenigen in Grossbritannien, wo ebenfalls längerfristige Grösseneinbrüche auszumachen sind.

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