Missgebildete Körper und die Wissenschaften. Eine Geschichte der Teratologie

Nom de l'auteur
Urs
Zürcher
Type de travail
Thèse
Statut
abgeschlossen/terminé
Nom du professeur
Prof.
Jakob
Tanner
Institution
Neuzeit
Lieu
Zürich
Année
2002/2003
Abstract
Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts war der missgebildete Körper in den Wissenschaften ein Objekt von peripherer Bedeutung, er trat in Naturalienkabinetten in Erscheinung, wo er als obskures Wunder der Natur präsentiert wurde. Anfangs des 19. Jahrhunderts rückte dieser Körper ins Zentrum eines Forschungsfeldes, das ihm eine grosse Bedeutung in der Produktion von Wissen zukommen liess. Im Zusammenhang mit der Ausdifferenzierung der medizinischen Disziplinen konnte sich die Lehre von den angeborenen Missbildungen, die Teratologie, einen eigenständigen Ort sichern. Die Teratologie legte ein mittels Vermessungen und Klassifizierungen exakt ausgestaltetes Koordinatennetz über den missgebildeten Körper und versuchte, diesen von allen Zeichen des Monströsen, Schauerlichen und Unnatürlichen zu befreien. Von besonderem Interesse sind die umfangreichen pathologischen Sammlungen. In unzähligen pathologischen und anatomischen Sammlungen sind noch heute die Relikte eines in dieser Form verschwundenen Wissenssystem zu sehen: mit Formaldehyd gefüllte Gläser, worin sich missgebildete Embryonen oder einzelne Körperteile befinden, die in absehbarer Zeit nicht zerfallen werden. Das Sammeln von Missbildungen war in verschiedener Hinsicht eine der herausragenden Eigenheiten der Teratologie. Ich gehe von der Annahme aus, dass im europäischen 19. Jahrhundert der Prozess der Wahrnehmung und die Produktion von Wissen durch ein Normalitätsgebot gesteuert wurde, welches sich grundsätzlich durch zwei Merkmale auszeichnet: Dass 1. die Kategorien von Norm und Abweichung erkenntnisleitend waren, und dass 2. dieser Dualismus permanent in Frage gestellt wurde, sich aufzulösen drohte und somit ebenso permanent neu gesichert werden musste. Hinsichtlich der Teratologie und dem missgebildeten Körper stellt sich die Frage, inwieweit diese in der Festlegung von körperlicher Norm und Abweichung beteiligt war, das heisst wie normerzeugendes Wissen produziert und verteilt wurde. Der missgebildete Körper entfaltet im 19. Jahrhundert ein Wissensgebiet, das die Untersuchung mit medizin- und körpergeschichtlichen Ansätzen analysiert. Die Arbeit entwirft Aspekte einer Geschichte der Teratologie, untersucht mentale wie phänomenologische Strukturen und ihre Wandlungen.

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