Das Bundesamt für Justiz hat diese Woche angekündigt, dass Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen ab Juni Gesuche für Soforthilfe einreichen können. Finanzielle Soforthilfen werden an Personen ausgerichtet, deren persönliche Integrität durch eine vor 1981 angeordnete oder vollzogene fürsorgerische Zwangsmassnahme verletzt worden ist und die sich heute in einer finanziellen Notlage befinden und punktuell entlastet werden sollen.
Die Schweiz ist gegenwärtig daran, ein düsteres Kapitel ihrer Sozialgeschichte aufzuarbeiten. Es geht um das Schicksal von Kindern und Jugendlichen, die vor 1981 von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen oder Fremdplatzierungen betroffen waren. Zu den Betroffenen zählen etwa Verdingkinder, Heimkinder, administrativ Versorgte (Personen, die im Rahmen administrativer Massnahmen in geschlossene Anstalten, zum Teil sogar in Strafanstalten eingewiesen worden sind), Personen, deren Reproduktionsrechte verletzt worden sind (unter Zwang oder ohne Zustimmung erfolgte Abtreibungen, Sterilisierungen, Kastrationen), Zwangsadoptierte, Fahrende, etc.1
Weitere Informationen zum Thema:
- Gedenkanlass vom 11. April 2013: Bunderätin Simonetta Somaruga entschuldigt sich im Namen der Landesregierung für das Geschehene. Die Referate aller Redner und Rednerinnen können heruntergeladen werden.
- Medienmitteilungen und Dokumente auf der Seite des Delegierten für Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen.
- Die Aktionsgemeinschaft Verdingkinder.ch hat sich zum Ziel gesetzt, die Geschichte der fremdplatzierten Kinder wissenschaftlich aufzuarbeiten.
- Der Verein netzwerk-verdingt hat eine Fachbibliothek zur Geschichte der Vering-, Heim- und Pflegekinder aufgebaut. Die Bibliothek ist im Schweizerischen Sozialarchiv zugänglich. 470 Titel können über den NEBIS-Katalog (Eingabe: "E19verdingt") abgerufen werden. Eine thematisch gegliederte Übersicht zu den Büchern ist zudem auf der Website des Vereins netzwerk-verdingt verfügbar.
- Ausstellung "Enfances volées – Verdingkinder reden: Im Zentrum der Wanderausstellung welche seit 2009 in der Schweiz unterwegs ist, stehen Hördokumente von Betroffenen, ausgewählt aus Interviews, die im Rahmen zweier verschiedener Forschungsprojekte über die Fremdplatzierung von Kindern und das Verdingkinderwesen in der Romandie und in der Deutschschweiz geführt wurden. Bis am 31. Oktober 2014 kann die Ausstellung im Freilichtmuseum Ballenberg besucht werden.