Politische Vorstellungswelten haben in der historischen Forschung schon immer besonderes Interesse gefunden. Doch ihre klassische, ideengeschichtliche Betrachtung ist seit einigen Jahren in die Krise geraten. Insbesondere in den Forschungen zu Nationalsozialismus und Stalinismus wird derzeit verstärkt nach neuen Wegen gesucht, ideologische Gedankengebäude und Denkweisen in anderer Weise zum Thema zu machen. Dabei sind Schnittmengen mit wissensgeschichtlichen Perspektiven unübersehbar, aber noch kaum diskutiert: Welche Einsichten eröffnet es, politische „Weltanschauungen“ als eine spezifische Form des Wissens – als politische belief systems – zu begreifen? Wie lassen sich solche Denk- und Glaubenssysteme in der Vergangenheit empirisch untersuchen? Und welche politische Pointe haben Forschungen in der Gegenwart, die Ideologien in ihrer historischen Prägekraft sichtbar machen statt sie in ideologiekritischer Absicht zu dekonstruieren? Im Gespräch mit Per Leo geht der Workshop diesen Fragen am Beispiel des weltanschaulichen Denkens im Nationalsozialismus nach.
Per Leo, Historiker und Schriftsteller, hat sich auf unterschiedliche Weise mit dem weltanschaulichen Denken der extremen Rechten auseinander gesetzt: 2013 erschien seine Studie Der Wille zum Wesen. Weltanschauungskultur, charakterologisches Denken und Judenfeindschaft in Deutschland 1890-1940, mit der er 2011 an der Humboldt Universität zu Berlin promoviert wurde. Auch sein Debütroman Flut und Boden (2014) befasst sich am Beispiel der eigenen Familiengeschichte mit dem weltanschaulichen Denken im Nationalsozialismus. Im letzten Jahr erschien von ihm: Mit Rechten reden. Ein Leitfaden (gemeinsam mit Maximilian Steinbeis und Daniel-Pascal Zorn).
Um Anmeldung wird gebeten: silvia.rodriguezcastellano@uzh.ch
Für die gemeinsame Diskussion wird ein kurzer Reader bereitgestellt.